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2010/11/28

Der A-Faktor oder der Erfolg der Bad Boys

Heute erlaube ich mir Schimpfwörter. Ich würde nämlich gern die Variable „A“ als Arschloch ausformulieren. Damit meine ich nicht die Körperöffnung, sondern die despektierliche Bezeichnung für einen unliebsamen Menschen männlicher Natur. Wir alle kennen sowohl diese Art von Männern, wie auch ihr gegenteiliges Pendant. Die meisten von euch männlichen Wesen versuchen mir glaubhaft zu vermitteln, eine gesunde Mischung aus beidem zu sein. Persönliche Erfahrungen zeigen das Gegenteil und darum bin ich so frei, einmal mehr zu polarisieren. Es gibt nämlich jene, die aus ihren wenig rühmlichen Wesenszügen ein Konstrukt bilden, das trotz aller Emanzipation eine grosse Anziehung auf Frauen ausübt. So können eine übersteigerte Ich-Bezogenheit, gepaart mit einem Hang zur Promiskuität und allenfalls sogar einem wenig attraktiven Äusseren mehr Erfolg beim weiblichen Geschlecht bewirken, als die Bereitschaft zu Monogamie und Gleichberechtigung mit einem Zuckerguss aus Verständnis und einem hübschen Gesicht.
Meine Damen – Hand aufs Herz. In neun von zehn Fällen würden wir den egozentrischen triebhaften Rüpel dem sanften intellektuellen Feingeist vorziehen. Warum ist das so? Liegt diesem Umstand tatsächlich einmal mehr die Evolution zugrunde? Wir suchen uns - unbewusst im Hinblick auf die Fortpflanzung - die Starken aus, die mit blossen Händen eine Antilope erlegen, weil sie einen potenten Eindruck, Sicherheit und Unerschrockenheit vermitteln. Wer die Probleme analytisch löst und seiner Beute eine ausgeklügelte Falle stellt, in die sie ohne weitere Gewalteinwirkung unweigerlich binnen weniger Tage tappen wird, der wird in der Regel vom Fortpflanzungsprozedere ausgeschlossen. Zu unspektakulär wirkt ihre Vorgehensweise, zu zartbesaitet ihr Gemüt. Ausserdem bevorzugen wir noch immer Männer, zu denen wir aufschauen können und die ihre Angelegenheiten mit einer gesunden Portion Testosteron regeln. Auch wenn uns Umfragen namhafter Frauenzeitschriften das Gegenteil beweisen wollen: die so genannten Arschlöcher dominieren heute – auch ohne ledernen Lendenschurz - nach wie vor den Partnerschaftsmarkt. Frauen, die sich trotzdem gegen den heroischen Archetypen und für einen Mann von der netten Sorte entscheiden, werden sich früher oder später fragen, ob sie nicht etwas verpasst haben. Ein wohlgemeinter Rat an die netten Kerle unter meinen Lesern: seid ab und zu mal böse, wenn ihr beim anderen Geschlecht Erfolg haben möchtet!

2010/11/09

Shopping in feindlichen Zeitzonen

Als Single sollte man sich gegen die unterschiedlichsten Alltagsgefahren wappnen. Es schadet auf jeden Fall, zur falschen Zeit am falschen Ort alleine zu sein. Zu den einfachsten und unumgänglichsten Vorgängen im zivilisierten Alltag gehört der Einkauf. Das simple Beschaffen von Lebensmitteln und Gebrauchsartikeln kann schnell zum emotionalen Spiessrutenlauf werden. Auf einmal bewegt man sich allein durch die langen Gänge mit vollen Regalen, die man früher zu zweit nach brauchbaren Produkten durchforstet hat. Damals hatte man selbst bei dieser unspektakulären Notwendigkeit meistens was zu Lachen, einen Grund zum Lästern oder Banalitäten zu bereden. Und man war nicht allein. Auf einmal ist man es wieder und man entscheidet sich schon am Eingang für den flachen Wagen – man braucht ja nicht viel. Schnell ist die Einkaufsliste abgearbeitet. Eigentlich ist sie schon gar nicht mehr notwendig. Man kauft für sich alleine ein und wenn man was vergisst kann man sich höchstens selbst damit in den Ohren liegen. Zu stark frequentierten Zeiten fühlt man sich beim Bedarfs-Shopping mehr als beobachtet. Man sieht Gleichaltrige mit ihren Partnern, vollen Einkaufswagen und Kindern an der Hand. Daneben fühlt sich das eigene Dasein wie ein unerfülltes Klischee an. Man möchte die bemitleidenden Gesichter am liebsten mit Tiefkühlgemüse bewerfen und laut schreien: „Ja, ich bin allein herrgottnochmal – was ist schon dabei?!?“ Allerdings sollte man vor einer derartigen Aktion einen zweiten Blick riskieren. Ich für meinen Teil habe das getan und Erstaunliches festgestellt. Zwar bin ich nicht mehr Teil einer Beziehung, die sich durch gemeinsames Einkaufen manifestiert – aber ich bin jetzt der Feind! Der Feind dieser ganzen mehr oder weniger glücklichen Mütter mit mehr oder weniger schreienden Kindern und mehr oder weniger engagierten dazugehörigen Vätern. Ich bin der Feind und ernte nicht nur bemitleidende, sondern darüber hinaus verachtende Blicke. Weil ich keine schreienden Kinder am Saum eines Schlabberpullis hängen habe, weil ich nach wie vor Absätze trage die Geräusche verursachen, weil ich nicht ungeschminkt aus dem Haus gehe, weil ich mich mit niemandem darüber streiten muss, welches Multipack Küchenrollen das Richtige ist und weil ich die Blicke ihrer Männer auf mich ziehe. Hätte ich auch nicht geglaubt – ist aber so. Da ich nicht offensichtlich verpartnert bin, werde ich zur viralen Infektion des behüteten Alltags dieser Frauen degradiert. Und warum? Ganz einfach: weil das Gras auf der anderen Seite immer grüner ist. Sie sind die Frauen, die sich alle brauchbaren Männer unter den Nagel gerissen haben und ich bin eine von jenen Frauen, denen nicht zu trauen ist. Dass ich ab und zu auch gerne wüsste, dass ich am Abend neben einem Menschen einschlafen werde den ich liebe, das sieht man mir nicht an. Und ich sehe den gesellschaftlich zu Familienmenschen Erzogenen nicht an, dass sie auch mal gerne Einzelperson sein würden.
Wer sich als Single dem eben beschriebenen Szenario lieber entzieht, der sollte seine Besorgungen zwischen Montag und Donnerstag gleich zum Feierabend erledigen. Wer sich gerne in der zweifelhaften Aufmerksamkeit suhlt, dem empfehle ich jeden Samstag ab zehn Uhr wärmstens. Jedoch auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel. Als Single sind zu jedem Samstag sämtliche Möbelhäuser weiträumig zu umgehen. Denn egal wie sehr sich die Paare beim Einrichtungs-Shopping ankeifen – bei derart ungesund konzentrierter Zweisamkeit kann man sich daneben nur als Verlierer fühlen.

2010/10/07

Byebye Moppelhausen Vol. I

Körpergewicht ist relativ. Relativ wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden. Ich hätte mir auch nie zugetraut, dass ich mal so was schreibe. Ich gehörte eigentlich immer zu den Dicken. Ich war nicht dick aus Überzeugung, sondern aus mangelndem Verständnis für mich selbst. In fast 30 Lebensjahren hatte ich mir gut 30 Kilo Schutzwall angefressen. Eine Hülle gegen Liebeskummer, Schmerz, Verlustängste, Selbst- und Fremdkritik, das Alleinsein, das Zusammensein, zuwenig Aufmerksamkeit – einfach gegen alles. Bald diente die Hülle auch als Schutz vor den Vorurteilen, mit denen man mir erst durch die Hülle selbst begegnete. Ich tröstete mich immer damit, dass in mir drin ein schlanker Mensch wohnt. Die perfekte Selbsttäuschung wurde unterstützt durch das Vermeiden von Blicken in bodenlange Spiegel und die Anwendung einigermassen passender Kleidung. Und - ganz ehrlich – ab einem gewissen Brustumfang ist Frau nicht mehr gezwungen, sich mit einem Körper unterhalb der Körbchen zu befassen. Sich selbst richtig einzuschätzen ist eine Kunst. Auch wenn’s ums Äussere geht. Viele Jahre habe ich mit Menschen über mein Gewicht und mein Aussehen gesprochen. Ich habe mich damit nie wohl gefühlt, hielt es aber dennoch für angebracht, auch diese Probleme in mich hinein zu fressen. Und Menschen, die einem mögen oder sogar lieben können nie der Auslöser für eine Veränderung sein. Denn sie lieben einem so wie man ist – oder zumindest so, wie sie einem kennen gelernt haben. Es können nur jene aufrütteln, die mit dem oberflächlichen Blick eines Aussenstehenden betrachten. Die Zeit war gekommen. Kurz vor dem Dreissigsten macht man sich so seine Gedanken. Ausserdem hatte ich gerade mit einer neuen Beruflichen Herausforderung Kurs auf fremde Ufer genommen. Ich wollte nicht mehr länger damit leben, dass mich andere aufgrund des ersten Eindrucks beurteilen und kategorisieren. Man hat nie die Zeit einen ersten Eindruck zu korrigieren und noch seltener die Zeit, darauf zu warten dass unter der dicken Hülle die wunderbare Persönlichkeit ausgegraben wird. Ich wollte ebenbürtig sein und nicht länger als die kleine Dicke gelten, die eigentlich noch ganz nett, lustig und auch nicht gerade auf den Kopf gefallen ist. Der Input, meinen Arsch zu bewegen kam zur richtigen Zeit vom richtigen Menschen. Von einem, der seit er mich kannte grosse und berechtigte Zweifel an meiner Attraktivität hatte und sich nur im Suff mit mir unterhalten konnte. Heute bin ich ihm dankbar für seine Eitelkeit und dafür, dass er selten einen Widerspruch zulässt. So wurde ich förmlich ins Fitness-Studio gerollt und sah auf einmal keinen Grund mehr, nicht zu tun was alle anderen dort taten. Schwitzen, keuchen und Kalorien verbrennen. Natürlich stellte ich mich an wie eine Anfängerin. Ich war auch eine. Und ich hatte riesige Probleme, mich drei Mal die Woche unter die mehr oder weniger sportlichen Figuren zu mischen und eine schlechte Figur zu machen. Aber irgendwie bin ich konsequent geblieben. Und das bin ich selten. Die Veränderung hat mir gezeigt, dass manche Ziele gar nicht so weit entfernt sind und in Gottes Namen nun mal etwas Anstrengung verlangen. Bis heute haben 22 meiner überflüssigen Kilos den Hut genommen. Ich bin deswegen noch lange nicht schlank. Aber der Gedanke daran, jede Sekunde einen 22-Kilo-Rucksack mit mir herumtragen zu müssen, motiviert eine bequeme Person wie mich erst recht, weiterzumachen. Zugegeben, ich schwitze immer noch wie ein Spanferkel beim Ausdauertraining. Aber mir dabei zuzuschauen ist schliesslich auch freiwillig.

Als Credo für alle Gewichtsreduktionswilligen empfehle ich folgende platten Sprüche aus Musik und Werbung:

Sei dein eigener Held.
Mach es zu deinem Projekt.

Ein fast perfektes Paar

Gemeinsam waren wir wunderbar. Ich würde sogar sagen, dass wir ein Vorbild für viele hätten sein können. Wir hatten viel Spass, einen ähnlichen Humor, haben uns gut verstanden, uns gerne zugehört, gemeinsam gelacht und von Anfang an auch Tiefpunkte zusammen überwunden. Ich wurde auf Händen getragen und fühlte mich glücklich wie selten zuvor. Alles war wie im Märchen mit dicker rosa Zuckerglasur und ein glücklicher Tag führte zum nächsten noch glücklicheren. Einen Alltag gab es nicht und immer wieder wurde ich überrascht von neuen positiven Wendungen. Obwohl wir aus verschiedenen Welten kamen, stellten wir uns nie in Frage und waren der Meinung, alles könnte ewig so weitergehen und im schlimmsten Fall nur noch schöner werden. Wie im Märchen. Und Märchen sind nicht wahr. Es gibt sie nicht und sie werden nie zur Realität. Märchen sind das, was sich die Menschen ausdenken um ihre Sehnsüchte auf ein Podest zu heben, das sie nie erreichen werden. Schliesslich war es auch die Unwahrheit, die mich aus zwei starken Händen wieder auf einen kalten und harten Boden zurückholte. Dinge, die lange unter der freundlichen und liebevollen Oberfläche verborgen lagen und auf einmal ausgesprochen wurden. Es schadet nicht, sich einiger Fehler seines Gegenübers bewusst zu sein. Dennoch kann zuviel Wissen alles ins Wanken bringen. Man stellt sich Grundsatzfragen, fühlt sich getäuscht und vermisst die Reue, die Sünder zu besseren Menschen machen könnte. Ich fing an, meine Fehler gegen seine abzuwägen und fühlte, wie die Waagschale kippte. Es war zuviel gewesen. Zu viel märchenhaftes, verzaubertes, unbeschwertes Dahintreiben auf einer fehlerfreien Wolke. Zu viel Vertrauen, zu viel Zuversicht, zu viel Glauben an das Gute im Menschen und daran, dass jeder zu einer wesentlichen Veränderung fähig ist. Ich hatte mich selbst hinters Licht geführt. Ich hatte mir vorgemacht, die Gegenwart und das was noch sein könnte, mache mich stark genug um über Vergangenes hinweg zu sehen. So war es nicht. Und alles zerplatzte schmerzhaft und im Vakuum einer unbarmherzigen Zeitlupe. Denn nichts zerstört eine glücklich gelebte Unwahrheit so wie die Wahrheit.

2010/08/12

Zwischenmenschlicher Materialismus

Wie schwer wiegen eine Zahnbürste und ein Wohnungsschlüssel? Es ist bestimmt ein Leichtes, dies in Gramm auszudrücken. Etwas weniger leicht, wenn der Wohnungsschlüssel in Einheit mit Haustür-, Einstellhallen- und Briefkastenschlüssel übergeben wird. Full Access also. Aber warum? Gewiss in erster Linie aus praktischen Erwägungen. Und vielleicht sogar als eine Art Vertrauensbeweis.
Aber Zäumen wir das Pferd an der Zahnbürste auf. Denn Letztere war noch vor Huhn und Ei da und stand schon damals im krassen Kontrast zu den ursprünglichen Vorstellungen meines Gegenübers. Wie ich dachte waren dies Unverbindlichkeit und emotionale Distanz. Umso mehr erstaunte mich, dass ich förmlich dazu überredet wurde, meine Spuren in seinem Alltag zu hinterlassen. Also nahm ich die pinke Zahnbürste für meine Mädchenzähne dankend an. Ein weiterer materieller Austausch manifestierte sich in einem eher femininen Armreif, der seit Wochen über dem ausgefransten Rock’n’Roll-Tattoo an einem behaarten Männerarm hin und her klimpert. Ich habe seither ein Accessoire weniger und wenn ich nach der Bedeutung dieses einseitigen Tauschgeschäfts frage, erhalte ich ein Wort zur Antwort. Nähe. Auch dies ist an ein Bedürfnis geknüpft, das ich nicht habe kommen sehen.
Aufgrund widriger Umstände wie der mangelnden Präsenz eines Türöffners und legaler Parkmöglichkeiten in der näheren Umgebung, hat der oben beschriebene Schlüsselbund zumindest temporär seinen Besitzer gewechselt. Erst tage- und gelegenheitsweise, dann eine Woche und heute weiss ich noch nicht mal mehr, ob mich hinter der Tür jemand erwartet oder Mann sich in seiner Verspätung darauf beruft, dass ich schliesslich ein und aus gehen kann wie ich möchte. Eine Art der Selbstverständlichkeit, wie es sie sonst nur gibt wenn man zusammen wohnt. Und meinen Erfahrungen zufolge ist es die Art der Selbstverständlichkeit, die die gesamte Spannung der Freiwilligkeit in ihrem grauenvollen Schlund verschlingt, durchkaut und wieder ausspuckt.

Ich war im Deuten verschlüsselter Gesten noch nie besonders gut. Oder zumindest habe ich in den meisten Fällen die falschen Schlüsse daraus gezogen. Aber ich fürchte, dass mich die Dinge wie sie sind in die Richtung einer Frage drängen, die ich weder morgen noch in einem halben Jahr stellen möchte. Die dumme, verzweifelte und alles zerstörende Frage: Wo soll das eigentlich hinführen?

2010/08/08

3, 2, 1 – na dann lieber Keins!

Als unfreiwillige Fortsetzung meiner Recherchen in Sachen Internetbekanntschaften darf ich diese kleine Geschichte keinesfalls vorenthalten. Ich denke, sie ist eine von vielen ähnlichen Begebenheiten und verbirgt eine hohe Erfolgsdunkelziffer für den Singlemarkt.

Hinsichtlich meines Umzugs hielt ich es für weise, frühzeitig an die Ausstattung meines künftigen Schlafraumes zu denken. Gedacht, getan. Vor ein paar Wochen habe ich auf einem Online-Auktionsportal zu fairem Preis einen simplen handlichen Röhrenfernseher ersteigert. Es war erst mein zweiter Artikel, den ich in meiner Laufbahn als Nutzerin dieses Portals beim Verkäufer abholen musste. Als ich als Gewinnerin der Auktion feststand, kontaktierte ich den Verkäufer via E-Mail um den Termin der Übergabe auszuhandeln. Dessen Freundin antwortete auf meine Nachricht und so einigte man sich auf eine menschenfreundliche Zeit am folgenden Samstag, an dem das Gerät den Besitzer wechseln sollte. Besagte Freundin war nicht zugegen, als ich die dreissig Franken auf das bemüht moderne Sideboard legte und dafür ein eher staubiges Pantoffelkino in die Hände gedrückt erhielt. Der Herr Verkäufer stellte für mich keinen besonderen Anreiz dar, hatte er doch ununterbrochen seinen kleinen Sohn an der Hand. Männer mit Kindern sind tabu. Da schau ich nicht mal richtig hin. Ehrenwort. Ich war mit meiner Auktionsbeute noch nicht zuhause angekommen, als mein Handy eine Kurznachricht vom Verkäufer ausspuckte. Ich bin ein netter Mensch und antwortete bald. Man will sich ja nicht noch im Nachhinein die Bewertung versauen. Eins führte zum anderen und eh ich mich versah befand ich mich in einer Sackgasse nach Flirthausen. Ich spielte mit offenen Karten und bekundete, dass mein Interesse weder besonders gross noch der gewonnene Augenschein meines Gegenübers besonders ausführlich gewesen war. Die dazugehörenden Gründe lieferte ich in einem kompakt verschnürten Paket mit. Trotzdem liess ich mich ein paar Tage später für einen freundschaftlichen Drink nach der Arbeit begeistern. Am besagten Tag suchte mich eine Überraschung mit mittlerem Peinlichkeitsfaktor heim. Dies in Form eines Strausses roter Rosen, den ich mit mindestens ebenso rotem Kopf beim Empfang meiner Firma abholen und durch die unendlichen Geschäftsräumlichkeiten zu meinem Schreibtisch tragen musste. Durch die Karte liess sich meine spätere Verabredung zweifelsfrei als Absender ermitteln. Der Verkäufer meines Zweitfernsehers entpuppte sich als durchaus netter Zeitgenosse, dessen Faszination für meine Person durchaus ihre schmeichelnde Wirkung hatte. Allerdings stellte er sich ebenfalls als brandenburgische Quasselstrippe vor dem Herrn heraus. Nicht unattraktiv, aber allein die um Oktaven höhere Lache liess mich mit den Zähnen knirschen. Prädikat: nicht männlich genug. Wir diskutierten einige interessante Themen und dann verabschiedeten wir uns – mit eher unterschiedlichen Erwartungen an kommende Tage. Ich teilte dem Rosenkavalier wenig später mit, dass ich seiner Person gegenüber derzeit keine weiteren Interessen verfolge und es für unfair hielte, ihn für den unwahrscheinlichen Fall des absoluten Notstandes auf standby zu behalten. Von dieser frontalen und offensichtlich zynischen Wortwahl schien der Frankfurter wenig beeindruckt und versuchte via Kurzmitteilung weitere Trümpfe auszuspielen. Ohne Erfolg. Die schönen roten Rosen verzauberten meinen Arbeitsplatz für eine ganze Woche, bis sie ihr modriges Ende fanden. Und mit ihnen auch der Kontakt zu ihrem Absender, der sich schliesslich dazu bekannte, zu wenig Energie für das Umstürzen meiner Prinzipien zur Verfügung zu haben. Ich bin sicher er verkauft noch viele Artikel übers Internet. Und ich werde mir ab jetzt ersteigerte Ware nur noch von den Freundinnen potentiell untreuer Verkäufer übergeben lassen. Reine Sicherheitsmassnahme.

Sieben Tage streunen im Hinterhof der Online-Singles

Die Männer, die ich hinter mir liess, hatten einen gewissen Hang dazu, sich zwischenmenschlichen Kontakt übers Internet anzueignen. Um dies vorauszuschicken: das ist nicht meine bevorzugte Art, potent(iell)e Partner kennen zu lernen. Trotzdem wollte ich wissen, was an dem ganzen E-Dating-Zirkus dran ist. Also meldete ich mich bei einem Bekannten Internetportal für Partnersuchende an. Unter dem Namen Daggeli (kleiner Insider unter vier Augen) erstellte ich mein persönliches Profil. Ich verzichtete bewusst auf aufreizende Fotos und dergleichen. Und ich bemühte mich ebenso, mich mit keiner meiner persönlichen Angaben schön zu reden. Ehrlich, pflichtbewusst und stubenrein antwortete ich auf die vielen Fragen, die meine Persönlichkeit ergründen sollten, während auf der rechten Seite des Bildschirms bereits mehrere Chat-Anfragen nervös aufblinkten. Zeitgleich füllte sich meine Mailbox mit persönlichen Nachrichten, virtuellen Lächeln, Augenzwinkern und vorgefertigten Komplimenten. Leicht überfordert von der übersteigerten Aufmerksamkeit, die Mann mir entgegen brachte, schaute ich mir die zu den Nettigkeiten gehörenden Gesichter an. Ein erster säuerlicher Geschmack von Realität machte sich breit. Einige der Herren fielen aufgrund dessen, dass sie nicht nur meine Väter, sondern auch gut und gerne deren ältere Brüder sein könnten, ohne wenn und aber aus meinem Raster. Und das, wo ich doch meine Altersobergrenze klar definiert hatte. Ich versuchte mich in Multitasking und wagte einen ersten Chat parallel zur immer noch andauernden Fragestunde. Schockierend. Nach drei netten Worten hatte ich die erste Handynummer mit der Bitte um ein persönliches Treffen. Geht’s noch? Wie kann man so freigiebig mit seiner Telefonnummer umgehen – wo man doch weiss wie viel Schabernack damit getrieben werden kann?!? Chatfenster zuklicken, nicht antworten und schon gar nicht die Nummer notieren. Ich war überrascht vom Tempo, das einem hier beim vorgegaukelten Kennenlernen vorgegeben wurde. Zuschlagen lautet die Devise. Ansonsten hat man hier wohl bloss noch die Chance auf ein paar wenig begehrenswerte Krümel, die von anderen zu Recht fallen gelassen wurden. Trotzdem hatte ich mir das ganze zumindest einen Hauch menschlicher vorgestellt. Gibt’s denn heute im Netz keine Konversation mehr? Doch, die gibt’s. Allerdings muss man sich als Spionin sehr gut überlegen, wie man sich ausdrücken darf um nicht auf Anhieb eindeutige Angebote aufs Auge gedrückt zu bekommen. Nach sieben Tagen, einigen amüsanten Wortwechseln, zahlreichen Telefonnummern und Mail-Adressen, und dem kostenlosen Angebot für einen neuen Wohnungsanstrich und verschiedene Wellnessweekends, Kaffees und dergleichen beendete ich den Versuch Online-Singlebörse. Byebye Daggeli. Warum? Erstens, weil ich nicht auf der Suche bin. Zweitens, weil ich schlicht überfordert war, den Überblick zu behalten. Drittens, weil ich nach wie vor erobert und nicht in einem virtuellen Strom abgefangen werden möchte.

Mein Fazit für Menschen, die „das Wahre“ suchen: Geht hinaus in die Welt und lernt auf die alt hergebrachte Weise jemanden kennen. Für alle, die auf der Jagd nach unverbindlichen Abenteuern sind: Verdammte Scheisse, das Internet ist für euch genau das Richtige!

2010/06/30

Das Einmaleins der staatlich verordneten Verdummung

Das alarmierende Beispiel einer Neunzehnjährigen, die das Wort „Aktienkurs“ weder kennt noch ihm einen Sinn zuzuordnen imstande ist, hat mich auf die Fährte pädagogischer Missstände gebracht. Wie ist es möglich, dass man als knapp der obligatorischen Schulzeit entwachsene und mitten in der Berufsbildung stehende Person in wirtschaftskrisengebeutelten Zeiten noch niemals von einem Aktienkurs gehört hat? Ich muss zu besagter jungen Dame einige Angaben präzisieren. Sie ist sehr strebsam und lernbegierig, allerdings was das Allgemeinwissen anbelangt mit einer gewissen selektiven Vorgehensweise und einer für ihr Alter charakteristischen partiellen Ignoranz ausgestattet. Keinesfalls würde ich ihr Dummheit attestieren. Deshalb stellte sich mir die Frage, wie es möglich ist, dass sie derartige Bildungslücken aufweist. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass der allgemeinbildende Unterricht in der Berufsschule bestenfalls als notwendiges Übel behandelt wird. Entsprechend verhalten sich die meisten Lehrpersonen auf dem besagten Gebiet. Damit sie von ihren Schülern nicht gänzlich gehasst werden, verpacken sie ihren Stoff in so viel Zuckerwatte, dass einem davon schlecht wird bevor man zu den wesentlichen Informationen vorgedrungen wäre. Es wird viel Zeit auf kreative Titelbilder, hübsche Bilder zum Text, Bildbeispiele und Bildserien verschwendet, die das Lesen eines Textes gänzlich unnötig machen sollen. Bildung hat meiner Meinung nach nur eingeschränkt direkt mit Bildern zu tun. Eine gute Bildsprache ist eine Kunst, aber in diesem Fall nicht Unterrichtsfach. Nicht zu vergessen, dass draussen in der richtigen Welt sämtliche Verträge schriftlich abgefasst werden. Lesen und verstehen bleibt unabdingbar. Welches Ziel verfolgen also Pädagogen, die ihre Schützlinge mit „spüren“ und „kreativ sein“ förmlich in die gesellschaftliche Insuffizienz treiben? Was passiert mit der Information, die an Schulen vermittelt werden müsste? Wird sie gezielt gefiltert und schrittweise ganz aus dem Bildungssystem verbannt? Wie lange dauert es also, bis sich die mündige Gesellschaft mangels besserem Wissen nur noch für schöne Farben und Formen interessiert, sich gehen lässt und von universeller Liebe beflügelt ausgelassen durch die Strassen tanzt? Wir erinnern uns – das gab’s schon mal. Und es war die Folge von staatlich verabreichtem LSD.


P.S.: Die oben beschriebene junge Frau hat ihre Unwissenheit damit gerechtfertigt, dass dies „Krawatten-Wissen“ sei und sie nie im Leben auch nur den geringsten Profit daraus schlagen würde. Ich habe sie mit „du wirst noch an meine Worte denken“ aus der Diskussion entlassen. Natürlich hoffe ich, dass sie bei der bevorstehenden Lehrabschlussprüfung nicht über eine Frage zu den verschiedenen Rechtsformen einer Firma stolpert.

2010/05/31

Terrorismus im Schokomantel

Jedes Jahr zu christlichen Feiertagen, Geburtstagen, Jubiläen und anderen geschenkträchtigen Gelegenheiten läuft jeder von uns Gefahr, einem terroristischen Anschlag zum Opfer zu fallen. Tatsächlich basieren diese Anschläge nur selten auf einem böswilligen Fundament. Meist sind sie mehr ein Zeichen dafür, dass einem der Schenkende schlicht nicht gut genug kennt und trotzdem nett sein möchte. Ein beispiel gefällig? Gegen Ende des letzten Jahres legte mir ein männliches Wesen aus dem erweiterten Familienkreis eine sehr zweifelhafte Aufmerksamkeit unter den Christbaum. Die Verpackung zeugte durchaus vom einen oder anderen angemessenen Gedankengang. Der Inhalt entpuppte sich als hübsches, mädchenhaftes Flakon mit dem Namen eines internationalen Topmodels. Oh, wie nett. Man möchte dass ich gut rieche und daran war vorerst auch nichts auszusetzen. Doch war der Deckel erst mal entfernt und die parfümöse Flüssigkeit flüchtig ans Handgelenk gesprüht, machte sich nebst unerträglichem Geruch auch eine gewisse Enttäuschung breit. Es ist nicht leicht, meine Vorliebe in Sachen Düften zu treffen. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass ich seit Jahren denselben trage und mir bisher nichts Vergleichbares untergekommen wäre. Aber ehrlich – gibt es ein Supermodel, das sich selbst mit der unverwechselbaren note eines alten Pudels parfümiert? Und sollte dem tatsächlich so sein – muss ich mich selbst damit verunreinigen? Ein nettes Lächeln und ein „herzlichen Dank“ spiegelten meinem Gegenüber vor, dass das Geschenk auf fruchtbaren Boden gefallen sei. Seither steht in meinem Badezimmerschrank ein hübsches Fläschchen, das ich aufgrund von Design und Inhalt als Wildkatzenpisse bezeichne und das vor dem nächsten Umzug seinen rechtmässigen Platz einnehmen wird – im Mülleimer.
Nun mehr zu den angekündigten schokoladigen Tretminen, die uns die Süsswarenindustrie als liebevolle Mitbringsel aufs Auge zu drücken versucht. Wie durch Zauber erhalte ich jährlich mindestens eine Packung Pralinen mit klangvollem französischem Namen. Allerdings hat das für mich mehr mit einem bösen Fluch denn mit Zauber zu tun. In Tat und Wahrheit verabscheue ich diese in Kirschlikör schwimmende und in zartbitterschokolade gepferchte Piemontkirsche. Es ist mir sogar schleierhaft, wie irgendjemand überhaupt freiwillig zum Verzehr einer derart verachtenswerten Süssigkeit schreitet. Ich kenne ganze zwei Personen, die dies tun. Aber selbst diese Beiden geben offen zu, dass sie selbst niemals Geld ausgeben würden für die besagten Pralinen. Welche Menschen also tun dies? Es sind Menschen, die gedankenlos schenken und die mit Sicherheit noch nie im Leben eines dieser Exempel schlechten Geschmacks selbst gekostet haben. Es sind Menschen, die nicht zuhören, es nicht besser wissen oder einen getarnten Angriff auf den Verdauungstrakt ihrer Mitmenschen ausüben wollen. Mit einer Massenvernichtungswaffe, die aufgrund der lieblichen Verpackung niemals als solche enttarnt werden würde – mon chéri!