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2012/11/28

Facebook und die Stups-Kultur

Facebook ist zweifelsohne das berühmteste Buch der Menschheitsgeschichte und hat die Bibel in Sachen Popularität bereits um Längen geschlagen. Während sich die halbe Welt über AGB’s, Bildrechte und Kleingedrucktes echauffiert, beschäftigt mich noch immer ein altbekanntes Thema: Das Anstupsen. Womöglich ist mein fortschreitendes Alter daran schuld, dass ich mich so schwer von gewissen eingebrannten Fragen löse. Aber ehrlich: Wozu ist dieses Anstupsen gut? Ich habe mich bei anderen Nutzern dieser Plattform erkundigt und verschiedene Antworten erhalten. Die einen meinen, anstupsen sei ein kleines und wortloses „Hallo“, das keiner Reaktion bedarf. Manche stupsen zurück, ohne einen weiteren Gedanken daran zu verlieren, andere ignorieren die Stupserei ganz einfach oder ärgern sich darüber. Es gibt welche, die sich von einem Anstupser zur konkreteren Kontaktaufnahme aufgefordert fühlen. Und dann gibt es jene, die per Nachricht darauf antworten mit „warum stupst du mich an?“ Ich sehe, es wird nicht einheitlich damit umgegangen und es scheint auch keine Anstups-Knigge zu existieren. Aber so bald ich mehr als eine Option habe, mit etwas umzugehen, muss eine davon falsch sein. Facebook lässt dem Angestupsten sogar drei Möglichkeiten. Mal anschauen und nichts weiter tun, „zurückstupsen“ oder „entfernen“. Es gibt keine Alternative, keine Variation, keine Steigerung. Kein maskulines „Schulterklopfen“, kein zärtliches „Streicheln“, kein „Immer-eins-mehr-angestupst“. Anstupsen kann weder zu Intimität führen noch in einer Schlägerei ausarten. Es kann also ähnlich bedeutungsfrei sein, wie ich es gern hätte. Aber eine Sache verwirrt mich. Auf meiner persönlichen Anstupser-Seite kann ich diese Interaktionen nicht nur verwalten. Facebook zeigt mir auch Anstups-Vorschläge an. Ist das eine zufällige Auswahl an Freunden? Oder meint Facebook, dass ich mich bei eben diesen Leuten dringend mal wieder melden soll? Vielleicht, weil Facebook weiss, dass ich schon lange nicht mehr mit ihnen auf derselben Veranstaltung war? Weil ich zu selten ihr Profil besuche? Weil sie weit weg wohnen? Weil ich mal ein „Gefällt mir“ zurückgenommen oder einen Chat frühzeitig abgebrochen habe? Von mir aus kann Facebook meine Fotos über den Times Square flimmern lassen, sie als Vorher-Beispiel für Schönheitschirurgie-Werbung verwenden oder jeden meiner Eisprünge in meiner Chronik als Lebensereignis dokumentieren. Nichts davon macht mich annähernd so konfus wie das Anstupsen.