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2013/12/30

Das Unwort meines Lebens

Was ist schon das Unwort des Jahres, gegen das persönliche Unwort aller Zeiten? Ich hab meins schon gefunden. Und ich verrate es euch gern. Natürlich gibt es viele Worte, die der Volksmund durch inflationären Gebrauch abwertet. Dieses eine Wort ist mir deshalb aufgefallen, weil ich selbst oft damit beleidigt werde: kreativ. „Du bist so kreativ!“...und das mitten ins Gesicht, ohne Vorwarnung und gelegentlich sogar auf leeren Magen. Zugegeben, auch ich habe mich früher mit diesem Wort geschmückt und es sogar in Bewerbungsschreiben mit meiner Persönlichkeit in Verbindung gebracht. Mittlerweile ist mir klar geworden, dass die ursprünglich hoch gelobte Kreativität zum Deckmantel eines seltsamen Verhaltens verkommen ist. Sich für eine Denkpause zurückzuziehen ist kreativ, rumzulaufen wie ein bekiffter Hippie ist kreativ, völlig abgehoben über Nichtigkeiten zu diskutieren ist kreativ, rumzuhängen und über das Leben nachzudenken ist kreativ, die gelangweilte Hausfrau ist beim Einrichten und Basteln kreativ, die Kindergärtnerin ist beim Pausenobst-Schnitzen kreativ, ja sogar der Serienkiller ist beim Arrangieren lebloser Körperteile kreativ. Jeder, der schon mal ein Gesicht auf einen Blumentopf gemalt hat, ist kreativ. Und jeder, der ein Cupcake verziert, ist kreativ. Ganz ehrlich - welcher Mensch, der mit geistigem Eigentum seinen Lebensunterhalt verdient, möchte mit all diesen Kreativen in einen Topf geschmissen werden? Das, was ursprünglich mit Kreativität gemeint war, ist in Wirklichkeit lang erarbeitete Technik und hartes gedankliches Handwerk. Es ist die Begabung, das Undenkbare zur richtigen Zeit und im passenden Kontext mit dem Möglichen zu verbinden. Dieser wenig magische Moment hat weder mit Glitzerkleber noch mit dem Gipsabdruck eines schwangeren Bauches zu tun und kann sich an einem nüchternen Arbeitsplatz genauso ereignen, wie beim Einkaufen oder auf dem Scheisshaus. So.

2013/10/25

Schmeicheleinheiten für Schnucki und Bärchen

Mein Liebster ist mir öfter mal behilflich. Nicht nur in Sachen Autoreparaturen und technischem Verständnis, sondern auch wenn es darum geht, das Durcheinander im Zweierkisten-Kabelsalat aufzudröseln und dem einen oder anderen Kurzschluss vorzubeugen. Seine Gedanken sind so ausgeprägt männlich, dass er mir oftmals allgemeingültige Problemlösungen auf dem Silbertablett serviert, ohne dass er sich dessen bewusst ist. So auch beim Thema „Komplimente erhalten die Beziehung“. Die Unterschiede von Männlein zu Weiblein manifestieren sich nämlich nicht nur in ihrer Kritikfähigkeit, sondern sogar bei der Verarbeitung netter Worte. Heute siehst du toll aus - du bist so geschickt bei solchen Aufgaben – du hast eine Ausstrahlung die mich umhaut – ich bewundere deine Arbeit – wie kommst du nur immer auf solch brillante Lösungen. So gut es auch gemeint ist - jedes Kompliment löst nur beim richtigen Empfänger die gewünschte Reaktion aus. Frauen werden gern für das geschätzt, was sie sind – Männer lieber für das, was sie tun. Frauen wollen als Gesamtkunstwerk aus guten Genen und Erfahrung überzeugen – Männer wollen sich ihren Platz im Olymp mit Schweiss, Blut und Heldentaten sichern. Beispiele gefällig? Wird eine Frau für ihren Hochschulabschluss gelobt, denkt sie „och, den ollen Master hab ich doch auf der linken Arschbacke abgesessen“. Viel lieber hätte sie, dass ihrem Umfeld auffällt, wie stark und selbstsicher sie dank ihres erarbeiteten Erfolgs durchs Leben geht. Bekommt ein Mann ein Kompliment für sein Aussehen, antwortet er höchstens mit einem abfälligen „pfffh, du bist aber auch die Einzige, der so was auffällt“. Mit lobenden Worten für seine Begabung als Heimwerker oder den nächtlichen Einsatz für seinen Arbeitgeber kann er viel mehr anfangen. Umgekehrt schmerzt es eine Frau mehr, wenn man ihr Aussehen beleidigt, als wenn man an ihrer Intelligenz zweifelt. (Bevor ihr mir widersprechen möchtet - meine intelligenten Leserinnen - überlegt ihr euch bestimmt, wie viel Zeit ihr vor Spiegel und Kleiderschrank verbringt und gebt mir Recht.) Und ein Mann reagiert sehr gekränkt darauf, wenn seine Kompetenz oder sein Engagement in Frage gestellt wird. Für Kritik an seinem Äusseren hat er bestenfalls ein Furzgeräusch übrig. Wer seinem Partner ein Kompliment machen und ihn damit stärken will, soll sich genau überlegen, wie dieser Partner sich selbst am liebsten sieht und wofür er bewundert werden möchte. Wir alle wollen unsere Zeit überdauern und unsere Spuren hinterlassen – durch das was wir sind oder was wir tun. Es gibt wenige Frauen, die auf ewig für ihre Arbeit geschätzt werden. Sie gehen eher mit Fotos aus ihren besten Jahren als Stil-Ikonen in die Geschichte ein. Das monströse Gebäude, das die Skyline einer Stadt über Jahrzehnte prägt, hat ein berühmter Architekt entworfen. Keine Ahnung, wie der ausgesehen hat.

2013/09/26

Happy Klimakterium-Hour

Neulich konnte ich einen Blick ins Jenseits werfen. Ins jenseits der Vierzig. Ich bin an einem Samstagabend die paar Stufen hinunter in einen Bikerschuppen gestiegen, in dem sich unter der Woche eher die Dorfjugend rumtreibt. Mit angestrengt souveräner Mine tauchte ich ein in das Gedränge, das sich ausschliesslich aus Frauen und Männern zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig zusammenfügte. Frauen im Sog der Wechseljahre und Männer, die gerade mal eben die Kurve aus ihrer Midlife-Crisis gekriegt haben. Tatsächlich hatte ich vorher noch nie so viele davon auf so engem Raum gesehen. Dass ich hier nicht dazugehören konnte, war offensichtlich. Dass ich in diesem Umfeld auf „Anfang zwanzig“ geschätzt wurde, erstaunte mich nicht weiter. Da war ich also: Mitten in einer Welt, die noch nicht meine war und mit den grössten Ängsten vor dem Älterwerden. Die Retro-Rock-Beats aus den Boxen wurden zum Ticken meiner inneren Uhr, das mich daran erinnerte, dass trotz Fitness, Styling und Make-up auch in meinem Fall die Zeit nicht einfach still stehen würde. Ich alterte – genau in diesem Moment und in jedem weiteren Moment. Es blieb mir nichts weiter übrig, als zu beobachten und Notiz zu nehmen, mit anzuschauen und auf mich wirken zu lassen. Je mehr ich sah, desto bewusster wurde mir: Sie sind eigentlich nicht anders als wir. Sogar erschreckend ähnlich wie wir. Wie wir vor fünfzehn Jahren. Sie fummeln und sie knutschen rum – nur eben mit Ehering am Finger. Die Single-Mädels rotten sich zusammen und halten nach Beute Ausschau – nur eben mit wenig Erfolg. Und ein paar verzweifelte Junggesellen bewegen sich ungelenk auf der Tanzfläche, in der Hoffnung, ein wenig Körperkontakt ergaunern zu können. Die freizügigeren Damen wickeln sich versuchsweise tanzend um die Stange und wie immer gibt es das eine Mädel, das wesentlich mehr trinkt als es verträgt und um das sich in diesem Zustand niemand mehr so recht kümmern mag. Getrunken wird übrigens überwiegend Bier und Wein. Die Bestellung eines Caipirinhas von der Getränkekarte beschäftigt nach der Frage „Mit Alkohol?“ das gesamte anwesende Personal für gute fünf Minuten. Aber keine Sorge – wenn wir mal über vierzig sind, wird dieser doch sehr einfache Cocktail zu den Standardgetränken gehören. Es wird Musik aus unseren jungen Jahren gespielt und auch wir werden feiern, lachen und uns mit neuen und alten Bekannten treffen. Wir werden vielleicht etwas weniger tanzen, weil das unserer Generation ganz einfach nicht in die Wiege gelegt wurde. Aber alles was wir gerne tun, werden wir tun so lange wir dazu in der Lage sind. Übrigens: Wer um die dreissig ist und sich mal an einem Samstagabend alt fühlt, dem empfehle ich wärmstens die Hauptstrasse 19 im helvetischen Kirchberg.

2013/07/25

Heiteres Karriere-Raten

In unserer Zeit gehört es zum guten Ton, beruflich ambitioniert oder zumindest flexibel zu sein. Kaum ein Mensch wird noch in dem Beruf alt, den er mal gelernt hat. Häufiger Stellenwechsel erscheint mittlerweile weder merk- noch fragwürdig. Eher gilt er als Zeichen eines gesunden Drangs nach Selbstverwirklichung. Früher wurden flatterhafte Lebensläufe kritisch betrachtet. Heute ist der ein Sonderling, der lange Zeit einer einzigen Tätigkeit bei einem einzigen Arbeitgeber nachgeht. Stetes Streben nach einer Karriere – und mag sie auch noch so ungewiss sein – zeichnet den modernen Arbeitnehmer aus und zeigt seine Offenheit für Neues. Und sei es nur für eine neue Office-Version. Wer sich heute knapp nach der ominösen Dreissig schon in seinem Job wohl fühlt, ist die grosse Ausnahme. Es fühlt sich seltsam an, sich in einem entwicklungsfreudigen Umfeld Gleichaltriger positiv zu seiner Beruflichen Situation zu äussern. Man erntet ungläubige Blicke und niemand will so recht damit einverstanden sein, dass dies vielleicht schon alles gewesen sein könnte. Aus Mitleid oder eigener Verunsicherung nimmt das Gespräch den folgenden weiteren Verlauf. Aber du machst doch bestimmt noch eine Weiterbildung? Nein. Du kannst dir deine Arbeit selber einteilen? Nein. Du verdienst unanständig viel Geld? Nein. Du hast Untergebene, auf denen du rumhacken kannst? Nein. Du kannst dein Wissen weitergeben? Nein. Bestimmt hast du tolle Aufstiegschancen? Nein. Und dir wird so wirklich nicht langweilig? Nein. Wünschst du dir nie etwas anderes? Nein. Aber du nimmst doch mit Sicherheit mal die Hintertür aus dem Berufsleben und lässt dir ein Kind machen? Nein. Leere und ratlose Gesichter. Hat jemand mitgezählt, wie viel Geld schon in meinem Schweinderl ist?

2013/06/11

Das unbefleckte Verhängnis

Es wird Zeit, ein hartnäckiges Vorurteil aus der Welt zu schaffen: Einzelkinder sind nicht verwöhnt. Nicht grundsätzlich. Vielleicht ist ihnen in der Kindheit mehr ungeteilte Aufmerksamkeit vergönnt, als verschwisterten kleinen Geschöpfen. Möglich, dass dies auf Aussenstehende wirkt, als würde das Einzelkind verwöhnt. Im Gegenzug fallen alle Aufgaben, die Eltern gleichmässig unter ihren Nachkommen verteilen um ihnen Verantwortung und Selbständigkeit beizubringen, dem Einzelkind alleine zu. Wenn es seine Sache gut macht, heimst es auch das ganze Lob alleine ein. Dies mag ebenfalls wirken wie Verwöhnen. Allerdings nur für das ungeschulte Auge. Die Entwicklung des Einzelkindes wird im frühen Stadium mit einer gesunden Dosis Aufmerksamkeit genährt und später zu einem selbständigen Erwachsenen herangezogen. Bis es, wenn es alt und schlau genug ist, merkt, dass es familiär gesehen ziemlich alleine da steht. Im Übrigen sieht es sich mit einer Vielzahl von Erwartungen konfrontiert, die es ebenso selbständig und selbstverständlich zu erfüllen hat, wie es erzogen wurde. Ein vernünftiger Umgang mit Geld, eine ordentliche Bleibe, eine Karriere die sich sehen lässt, eine eigene Familie mit gut erzogenen Kindern – so und ähnlich sehen die Wünsche aus, die Eltern für ihre Kinder hegen. Doch was, wenn einer oder mehrere davon unerfüllt bleiben? Unter Geschwistern fallen kleine Defizite nicht ganz so arg ins Gewicht. Das eine Kind lässt mit seinem Doktortitel die Alkoholkrankheit des anderen etwas weniger schwer wiegen. Die Homosexualität des einen wird von den drei gesunden Kindern des anderen überstrahlt. Und das gestörte Verhältnis zum einen bedrückt die Eltern weniger, wenn sich das andere Kind gerade ein Haus für drei Generationen anschafft. Während Geschwister sich das Erfüllen der Elternwünsche untereinander aufteilen können, müssen Einzelkinder allen Ansprüchen gleichermassen gerecht werden. Dass dies für einen einzelnen Menschen kaum machbar ist, leuchtet ein. Eltern mögen noch so voller Liebe und Verständnis sein, und dennoch plagen sie die Gedanken daran, bei der Aufzucht versagt zu haben, wenn ihr Nachwuchs für ihre Begriffe in Teilen seiner Existenz scheitert. Nicht selten führt dies zu einem irreparablen Schaden am Eltern-Einzelkind-Verhältnis. Oder wie war das damals mit Gott und Jesus?

2013/02/22

Die Vermessung des Penis

Zugegeben, ich wühle diesmal tief in den Klüften der Doktor-Sommer-Psychologie. Aber ich wurde von einer mir weitgehend unbekannten Person auf Diskussionsbedarf zum Thema Penisgrösse hingewiesen. Mit der Aussage: „Meine Freundin hat mich verlassen, weil ich angeblich nicht gut genug ausgestattet bin. Und sie ist schon die Zweite.“ Da kommt Frau ins Grübeln. Immerhin hat sie ja doch so ihre Ansprüche an die primären Geschlechtsorgane ihres Sexualpartners. Aber deswegen Schluss machen? Tun wir sowas? Meine weiblichen Weggefährtinnen sind es gewohnt, dass ich sie ohne Umschweife mit solchen Themen konfrontiere und so liess ich die folgenden Fragen in verschiedene Gesprächsrunden einfliessen: Sind kleine Schwänze Trennungsgründe? Was ist klein? Wann sind sie gross genug? Lässt man sich auf eine Beziehung mit einem Menschen ein, der einem im Bett nicht genügt? Erwachsenes Kichern. Es folgen Vergleiche mit Obst, Gemüse und Wurstwaren. Zwar einigt man sich darauf, dass die Penisgrösse und insbesondere der Umfang sehr wohl Einfluss auf die sexuelle Befriedigung der Frau haben. Aber die Massstäbe dafür können nicht klar definiert werden. Es ist mir eine Ehre, an dieser Stelle eine neue Masseinheit für männliche Geschlechtsteile einzuführen, unter der sich alle etwas vorstellen können. Die Herleitung von Schwertgrössen scheint mir mehr als passend, also nennen wir sie doch Einhänder, Anderthalbhänder und Zweihänder. Alles was über der Grösse des Zweihänders liegt, könnte eine schillernde Zukunft in der Porno-Industrie finden, ist aber für den europäischen Hausgebrauch zu gross und zu schmerzhaft. An alle, die mit einem Zweihänder ins Gefecht ziehen: Herzlichen Glückwunsch, ihr braucht euch nicht zu verstecken. Aber seid euch dessen bewusst, dass das für einige Frauen bereits zuviel ist. Die Anderthalbhänder sind vielseitig einsetzbar und dürfen sich zum breiten Mittelfeld zählen, in dem so mancher Mann rumwuselt, der sich fragt, ob sein Penis nicht doch zu klein ist. Wer sich seines Einhänders in der Hose bewusst ist oder gar unter dieser Messlatte liegt, sollte sich dringend mit anderen Techniken beschäftigen, die seine Partnerin sexuell erfreuen. Und Männer, lasst euch das gesagt sein: Nicht nur ihr habt Zweifel daran, ob ihr beim Sex körperlich überzeugen könnt. Frauen haben das genauso. Sie fürchten, dass ihre Brüste zu klein sind, dass sie hängen wenn der BH erst mal ausgezogen ist, dass sie nicht ausdauernd genug sind, dass der Bauch zu sehr mitwippt, dass die Schenkel zu breit sind – ja sogar, dass ihre Stimme zu hoch ist und irgendetwas davon bewirken könnte, dass ihr Männer den Schwanz einzieht und das Weite sucht. Wir alle haben unsere Mankos und sind dadurch gezwungen, beim Sex mehr von uns beizusteuern als einen makellosen Körper. Und ist es nicht das, was die Intensität dabei erst ausmacht? Zurück zu meinen befragten Damen. Sie zierten sich, ihre Bedürfnisse in Zentimetern auszudrücken. Vielleicht, weil keine von ihnen ein Massband unter dem Kopfkissen bunkert. Vielleicht aber auch, weil sie nicht preisgeben möchten, mit welchen Dimensionen sie es in ihrer Partnerschaft zu tun haben. Und genau da unterscheiden sie sich von Frauen, die einen Kerl wegen mangelnder Ausstattung verlassen: Sie sind verliebt. Mit Vorhaut und Haar. Sie sind glücklich mit dem was sie haben und möchten es mit nichts vergleichen. Schliesslich haben sie sich eines schönen Tages dazu entschieden, genau diese Beziehung einzugehen – im Wissen, was ihr Partner zu bieten hat. Meine weiblichen Quellen liessen allerdings auch verlauten, dass sie sich nicht dauerhaft auf einen Mann einlassen würden, der ihnen im Bett nicht genügt. Und ich persönlich würde das genauso wenig. Wir alle halten es für das Ehrlichste, mit offenen Karten zu spielen, uns monatelanges Rumprobieren und dem Gegenüber späteren Trennungsschmerz zu ersparen. Ein „Dein Schwanz ist zu klein“ kann also nur die billige Verschleierung einer vielleicht aufwändigeren aber ehrlichen Begründung für eine Trennung sein. Und die hat vielleicht mit dem wahren Problem zu tun. Und das rührt nicht vom kleinen Penis her, sondern vom winzigen Ego, das nicht selten direkt mit dem Gehänge zusammenhängt.

2013/01/18

Kletten, Schürzenjäger und wie Frau sie los wird

Frauen kennen das. Sie werden auf eindringliche Weise umworben, obwohl sie in vielen Fällen keinerlei Interesse am jeweiligen Verehrer haben. SMS, E-Mail, Social Networks – das alles ermöglicht Liebäuglern, mit uns in Kontakt zu treten und die Konfrontation zu suchen. Für gewöhnlich entledigen sich die Damen solcher unliebsamer Nachsteiger relativ schnell und zuverlässig, in mehr oder weniger damenhafter Manier. Es gibt aber Ausnahmefälle, in denen Frau gezwungen ist, das Gesicht zu wahren, weil sich die Anbändelungsversuche mit dem Arbeitsumfeld oder ähnlich überlebenswichtigen Konstellationen kreuzen. Dem Frieden zuliebe eine Zeit lang die diplomatischen Samthandschuhe zu tragen ist ratsam. Schliesslich hofft man noch immer auf die Möglichkeit, dass ein Interessent aus eigener Motivation wieder abspringt und sich neu orientiert. Tut er das nicht, wird es anstrengend. Das ganze Kein-Interesse-signalisieren, Auf-jede-Mehrdeutigkeit-achten und Kritik-aussen-vor-lassen ist auch für das geduldigste weibliche Wesen auf Dauer eine Zerreissprobe. Und weil sich das Gegenüber durch die ganze gespielte Freundlichkeit kaum mehr vom Gegenteil überzeugen lässt, nutzen wir seinen sehnlichsten Wunsch, um einen Totalschaden anzurichten. Wir stimmen einem persönlichen Treffen zu. Ein riskantes Unterfangen, aber es ist absolut notwendig. Ich rate aus mehreren Gründen von einem Treffen bei ihm zuhause ab. Im schlimmsten Fall wird man nämlich zu einer fiktiven Party in seiner Wohnung eingeladen, bei der uns ein mit Rosenblättern, Kerzen und Schokoherzen verzierter Tisch und ein aphrodisierendes Dinner bei schummrigem Licht erwarten. Also Finger weg! Ihr trefft euch mit dem zu entsorgenden Subjekt in einem neutralen Restaurant. Es darf nicht zu hübsch sein, aber gerade noch gemütlich genug, um eineinhalb Stunden sitzen zu bleiben. Wenn ihr nicht gesellschaftlichen Suizid begehen wollt, sollte es nicht euer Stammlokal sein. Es sei denn, die Kumpels sind eingeweiht und leisten ihren Beitrag zum Gelingen. Ihr wählt ein Outfit, das eure Problemzonen betont mit unpassenden flachen Schuhen und begrüsst euren Verehrer so neutral als möglich. Seid nicht unhöflich oder besonders abweisend. Das könnte ihn je nach Typ sogar noch mehr anstacheln. Tut einfach so, als wärt ihr natürlich. Wichtig: Ihr tut nur so! Lasst euch schon mal erzählen, was er trinken möchte. Bestellt er sich ein Bier, dann ordert ihr einen ungesüssten Kamillentee oder ein Glas Gratis-Leitungswasser. Wenn ihm nach einem gepflegten Latte ist, dann bestellt ihr euch ein Bier. Oder noch besser zwei. Wenn ihr es mit einem ruhigen und tiefgründigen Gegenüber zu tun habt, dann ärgert es mit Boulevard-Interview-Technik, bei der euch nur die Schlagzeile interessiert und alles andere redet ihr mit neuen Fragen tot. Ist der Verehrer von der angriffslustigen Sorte, dann rollt mit den Augen und tut so, als wärt ihr zu blöd, um seine Sprüche zu verstehen. Solltet ihr merken, dass sein Interesse rein sexueller Natur ist, dann tut irgendwas ekliges. Regelmässig Rotz hochziehen, euch überall kratzen oder auch schon mal auf den Boden spucken. Ein Trinkgeld fürs Personal wäre in diesem Fall angebracht. Im Allgemeinen gilt: Gebt wenig Tatsächliches von euch Preis, geht das Ganze mit dem Intellekt und Interesse eines Wischmobs an und zeigt, dass ihr auf keiner Ebene zu ihm passt. Nach eineinhalb Stunden – versprochen – dürft ihr wieder nach Hause gehen und selbst wenn er sagt, er würde sich melden, wird euch nie wieder belästigen. Liebe Männer, wie viele miserable erste Dates hattet ihr schon? Gut möglich, dass dies alles zauberhafte Wesen waren. Sie waren einfach nicht an euch interessiert.