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2010/05/31

Terrorismus im Schokomantel

Jedes Jahr zu christlichen Feiertagen, Geburtstagen, Jubiläen und anderen geschenkträchtigen Gelegenheiten läuft jeder von uns Gefahr, einem terroristischen Anschlag zum Opfer zu fallen. Tatsächlich basieren diese Anschläge nur selten auf einem böswilligen Fundament. Meist sind sie mehr ein Zeichen dafür, dass einem der Schenkende schlicht nicht gut genug kennt und trotzdem nett sein möchte. Ein beispiel gefällig? Gegen Ende des letzten Jahres legte mir ein männliches Wesen aus dem erweiterten Familienkreis eine sehr zweifelhafte Aufmerksamkeit unter den Christbaum. Die Verpackung zeugte durchaus vom einen oder anderen angemessenen Gedankengang. Der Inhalt entpuppte sich als hübsches, mädchenhaftes Flakon mit dem Namen eines internationalen Topmodels. Oh, wie nett. Man möchte dass ich gut rieche und daran war vorerst auch nichts auszusetzen. Doch war der Deckel erst mal entfernt und die parfümöse Flüssigkeit flüchtig ans Handgelenk gesprüht, machte sich nebst unerträglichem Geruch auch eine gewisse Enttäuschung breit. Es ist nicht leicht, meine Vorliebe in Sachen Düften zu treffen. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass ich seit Jahren denselben trage und mir bisher nichts Vergleichbares untergekommen wäre. Aber ehrlich – gibt es ein Supermodel, das sich selbst mit der unverwechselbaren note eines alten Pudels parfümiert? Und sollte dem tatsächlich so sein – muss ich mich selbst damit verunreinigen? Ein nettes Lächeln und ein „herzlichen Dank“ spiegelten meinem Gegenüber vor, dass das Geschenk auf fruchtbaren Boden gefallen sei. Seither steht in meinem Badezimmerschrank ein hübsches Fläschchen, das ich aufgrund von Design und Inhalt als Wildkatzenpisse bezeichne und das vor dem nächsten Umzug seinen rechtmässigen Platz einnehmen wird – im Mülleimer.
Nun mehr zu den angekündigten schokoladigen Tretminen, die uns die Süsswarenindustrie als liebevolle Mitbringsel aufs Auge zu drücken versucht. Wie durch Zauber erhalte ich jährlich mindestens eine Packung Pralinen mit klangvollem französischem Namen. Allerdings hat das für mich mehr mit einem bösen Fluch denn mit Zauber zu tun. In Tat und Wahrheit verabscheue ich diese in Kirschlikör schwimmende und in zartbitterschokolade gepferchte Piemontkirsche. Es ist mir sogar schleierhaft, wie irgendjemand überhaupt freiwillig zum Verzehr einer derart verachtenswerten Süssigkeit schreitet. Ich kenne ganze zwei Personen, die dies tun. Aber selbst diese Beiden geben offen zu, dass sie selbst niemals Geld ausgeben würden für die besagten Pralinen. Welche Menschen also tun dies? Es sind Menschen, die gedankenlos schenken und die mit Sicherheit noch nie im Leben eines dieser Exempel schlechten Geschmacks selbst gekostet haben. Es sind Menschen, die nicht zuhören, es nicht besser wissen oder einen getarnten Angriff auf den Verdauungstrakt ihrer Mitmenschen ausüben wollen. Mit einer Massenvernichtungswaffe, die aufgrund der lieblichen Verpackung niemals als solche enttarnt werden würde – mon chéri!