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2014/12/31

2015: Vorsätzliche Täuschung

Vorsätze für ein neues Jahr finden wir ja grundsätzlich alle bescheuert. Weil wir uns nichts Edles vornehmen, wie die Einschränkung unseres Genussmittelkonsums oder den persönlichen Beitrag zum Weltfrieden. Wir haben auch im nächsten Jahr nicht mehr und nicht weniger als niedere Bedürfnisse, die man nicht mal eben mit dem Nachbarn am Gartenzaun bespricht. Wir möchten erfolgreich sein, bewundert, geliebt und anständig gevögelt werden. Und mit den Vorsätzen zur eigenen Gesundheit ist es nicht weit her, wenn man bedenkt, dass wir für das grosse Haus oder das dicke Auto eine unserer Nieren opfern würden. Das, worauf wir wirklich hin arbeiten, ist in den wenigsten Fällen gesellschaftstauglich. Die einen wünschen sich eine exorbitante Lohnerhöhung, die nur zustande kommt, wenn ihre Kollegen unfreiwillig über die Klinge springen und leer ausgehen. Andere nehmen sich vor, ihre geheime Liste mit möglichst vielen Dates und unverbindlichem Sex zu füllen – ohne Rücksicht auf Geschlechtskrankheiten oder gebrochene Herzen. Sogar jene, die auf eine Spenderniere warten, dürften relativ bescheidene Gewissensbisse diesbezüglich haben. Gute Vorsätze sind das, was man von uns erwartet. Was wir uns wirklich vornehmen, möchte niemand als Gesprächsthema vorgesetzt bekommen. Also schweigen wir uns dem (Welt-)Frieden zuliebe weiterhin aus oder rollen demonstrativ mit den Augen, wenn wir nach unseren Vorsätzen gefragt werden. Mitwisser sind in diesem speziellen Fall nicht sehr hilfreich, denn es ist doch so: Alles, was vorsätzlich getan wird, endet oft mit einer unbedingten Gefängnisstrafe. Wenn euch eure physische und geistige Freiheit also am Herzen liegt, dann hütet eure Vorsätze wie kostbare Schätze. In diesem Sinne: 2015 – wir kommen, um dich zu holen.

2014/09/17

Findet uns das Glück?

Findet uns das Glück, oder müssen wir es suchen? Trifft es uns unverhofft wie der Dartpfeil eines Betrunkenen, oder ereilt es uns Stück für Stück? Kann man Glück haben oder glücklich sein, wenn die eigenen Wünsche unerfüllt bleiben? Wünsche und Träume von Menschen mitte dreissig sind erschreckend banal. Praktisch alle von ihnen wünschen sich ein Eigenheim an einem schönen Ort - auch die, die den Glauben an tiefe Empfindungen schon komplett begraben haben. Die etwas optimistischeren unter ihnen würden als Zugabe zum Häuschen gerne die grosse Liebe finden oder behalten. Wer kaum mehr schlafen kann, weil das Ticken der biologischen Uhr lauter ist als eine Strassenparade, der wünscht sich Kinder - fast schon egal mit wem. Grosse Karrierewünsche werden seltener genannt - schliesslich müsste man jetzt schon etwas vorzuweisen haben. Gesundheit wünschen sich nur diejenigen, die schon mit ernsthafter Krankheit in Berührung gekommen sind. Wer sonst keine Ziele hat, hat immerhin Reiseziele. Das war's dann aber auch schon mit den Wünschen, die einem dieses Alter förmlich aufzwingt. Weil man in dieser Lebensphase merkt, wie schnell einem die Zeit davon läuft, beginnt man, sich seinen Wünschen anzunähern - mit den Mitteln, die einem gerade zur Verfügung stehen. Sobald man mit diesem unbeholfenen Hinterherstolpern begonnen hat, führt kein Weg mehr zurück, weil es zu viele Mitwisser gibt. Auch ich habe schon oft mitgewusst und nachgefragt, mich nach dem Stand der Dinge erkundigt, genickt und ermutigt. Aber - ganz ehrlich - ich habe noch niemanden getroffen, der bei der Materialisierung seines Glücks auch wirklich glücklich war. Das ist noch nicht - das wird dann schon. Wenn das Kind dann endlich da ist und sich der strapazierte Körper wieder erholen kann. Wenn dann der tadellose Traummann nach einer weiteren einsamen und durchweinten Nacht am Sonntagmorgen an der Tür klingelt. Wenn der untergetauchte Bauunternehmer mit dem ganzen bereits investierten Geld wieder da ist. Es gibt so viel unschönes auf dem Weg in eine vermeintlich schöne Zukunft, dass man als ungeübter Betrachter glatt glauben könnte, die Menschen machen sich damit unglücklich. Ich habe nie jemanden sagen hören "Wow, dieser 18-Stunden-Flug ins Urlaubsparadies hat mir riesigen Spass gemacht" oder "Wie hab ich mich gern mit dem Elektriker um die Steckdosen gestritten". Was lernen wir daraus? Wenn es um das Erfüllen von Wünschen und das Erreichen von Glück geht, kann der Weg unmöglich das Ziel sein.

2014/04/10

Ja, ich will – gefragt werden

Wir sind ja modern, gell. Emanzipiert, domestiziert, kalibriert und EU-normiert. Aber eine ganz bestimmte Sache hätten wir Frauen gerne auf die alt hergebrachte Weise geregelt: Den Heiratsantrag. Gegenseitiges Einverständnis oder gar ein Kompromiss ist in Sachen Ehe keine Lösung. Schliesslich sind wir nicht verhandelbar. Wir sind kein Gebrauchtwagen, den man nimmt, wenn’s zum gleichen Preis noch einen Satz Reifen obendrauf gibt. Wir sind kein Kumpel, bei dem ein kurzes Nicken reicht, um zu wissen, dass man sich für den Rest des Lebens das Bier teilt. Der Grossteil aller Frauen ist sich einig – wenn’s ums Heiraten geht, möchten sie gern gefragt werden. Sie wollen gefragt werden, ob es ok ist. Ob es ok ist, dass Mann sie für immer behalten möchte. Ob es ok ist, dass Mann auch die Steuerformulare und die Verwandtschaft mit ihr teilt. Aber auch, ob sie sich seiner und ihrer eigenen Gefühle sicher genug ist. Frauen brauchen einen Heiratsantrag, weil sie wissen, dass sie ihn verdienen. Sie verdienen diesen einen Moment, in dem der Mann unter dieser tief verborgenen Angst leidet, er könnte ein Nein zur Antwort bekommen. Dieses bange Herzklopfen, von dem sie ihn nach scheinbar ewig andauernden Augenblicken mit einem Lächeln, einer Träne und einem Wort erlösen. Der letzte endgültige Beweis dafür, dass er alles für sie riskieren würde. Ja, wir wollen gefragt werden. Und wenn er der Richtige ist, dann sagen wir auch ja.

2014/02/03

Botox fürs Ego

Im Damenoberbekleidungsfachgeschäft mit dem unaussprechlichen Namen. Zwei ausgesprochen junge Dinger tänzeln auf ihren schmalen Beinchen zwischen zwei Umkleidekabinen hin und her, drehen sich vor den Spiegeln und beurteilen gegenseitig, was ihnen steht und was süss aussieht. Könnten meine Töchter sein, wenn ich in jungen Jahren dumm gewesen wäre. Ich verziehe mich in eine der hinteren Kabinen. Will ja nicht, dass sie sich von Oma gestört fühlen. Und ich hätte auch lieber meine Ruhe. Ich höre, wie das eine Mädel zum anderen sagt „Das passt irgendwie nicht. Ist obenrum zu weit.“ Und ich denke: Natürlich, du hast ja auch noch keine Titten. Da wächst du noch rein. Kauf dir das Teil als Motivation. Sie versuchen mit weiteren Kleidungsstücken, ihre noch nicht ganz vorhandenen Reize zu betonen. Ich drehe mich vor dem Spiegel und stelle zufrieden fest, dass die eng geschnittene Jeans am Hintern etwas zu weit ist. Fein gemacht. Und das in meinem Alter. Ich schnappe die zwei ausgesuchten Oberteile und bahne mir den Weg zur Kasse. Dort stehen die beiden Mädchen vor mir und bezahlen - mit Bargeld. Das eine lässt sich sogar ein Shirt bis am Abend zurücklegen, weil Mutti noch vorbeikommen und schauen will, für welchen billig produzierten Asien-Fummel ihr mühselig beiseite geschafftes Haushaltsgeld draufgehen soll. Ich zahle mit Karte und denke: Ha - MEIN Geld, MEINE Klamotten! Ich gehe in den nächsten Laden und kaufe mir eine Flasche hochprozentiges Irgendwas. Darf ich ja. Später setze ich mich in MEIN Auto, drehe die Musik lauter und fahre nach Hause - in MEINE Wohnung. Und ich denke mir: Scheiss auf ewige Jugend. Erwachsensein ist Chef! Nachtrag: Was ist eigentlich aus dem geworden, was wir als Teenager immer wollten? Musik hören bis die Wände wackeln, duschen bis das Wasser kalt wird, vor dem Fernseher essen, den Müll nicht trennen, rauchen, rumschlurfen, Zeug rumliegen lassen, lang ausgehen, zu kurze Röcke tragen, rumknutschen, mit Freunden abhängen, wilde Partys schmeissen, uns hauptsächlich von Pizza und Fritten ernähren, endlos telefonieren. Tun wir heute – wo wir es dürfen - noch etwas davon?