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2010/08/08

Sieben Tage streunen im Hinterhof der Online-Singles

Die Männer, die ich hinter mir liess, hatten einen gewissen Hang dazu, sich zwischenmenschlichen Kontakt übers Internet anzueignen. Um dies vorauszuschicken: das ist nicht meine bevorzugte Art, potent(iell)e Partner kennen zu lernen. Trotzdem wollte ich wissen, was an dem ganzen E-Dating-Zirkus dran ist. Also meldete ich mich bei einem Bekannten Internetportal für Partnersuchende an. Unter dem Namen Daggeli (kleiner Insider unter vier Augen) erstellte ich mein persönliches Profil. Ich verzichtete bewusst auf aufreizende Fotos und dergleichen. Und ich bemühte mich ebenso, mich mit keiner meiner persönlichen Angaben schön zu reden. Ehrlich, pflichtbewusst und stubenrein antwortete ich auf die vielen Fragen, die meine Persönlichkeit ergründen sollten, während auf der rechten Seite des Bildschirms bereits mehrere Chat-Anfragen nervös aufblinkten. Zeitgleich füllte sich meine Mailbox mit persönlichen Nachrichten, virtuellen Lächeln, Augenzwinkern und vorgefertigten Komplimenten. Leicht überfordert von der übersteigerten Aufmerksamkeit, die Mann mir entgegen brachte, schaute ich mir die zu den Nettigkeiten gehörenden Gesichter an. Ein erster säuerlicher Geschmack von Realität machte sich breit. Einige der Herren fielen aufgrund dessen, dass sie nicht nur meine Väter, sondern auch gut und gerne deren ältere Brüder sein könnten, ohne wenn und aber aus meinem Raster. Und das, wo ich doch meine Altersobergrenze klar definiert hatte. Ich versuchte mich in Multitasking und wagte einen ersten Chat parallel zur immer noch andauernden Fragestunde. Schockierend. Nach drei netten Worten hatte ich die erste Handynummer mit der Bitte um ein persönliches Treffen. Geht’s noch? Wie kann man so freigiebig mit seiner Telefonnummer umgehen – wo man doch weiss wie viel Schabernack damit getrieben werden kann?!? Chatfenster zuklicken, nicht antworten und schon gar nicht die Nummer notieren. Ich war überrascht vom Tempo, das einem hier beim vorgegaukelten Kennenlernen vorgegeben wurde. Zuschlagen lautet die Devise. Ansonsten hat man hier wohl bloss noch die Chance auf ein paar wenig begehrenswerte Krümel, die von anderen zu Recht fallen gelassen wurden. Trotzdem hatte ich mir das ganze zumindest einen Hauch menschlicher vorgestellt. Gibt’s denn heute im Netz keine Konversation mehr? Doch, die gibt’s. Allerdings muss man sich als Spionin sehr gut überlegen, wie man sich ausdrücken darf um nicht auf Anhieb eindeutige Angebote aufs Auge gedrückt zu bekommen. Nach sieben Tagen, einigen amüsanten Wortwechseln, zahlreichen Telefonnummern und Mail-Adressen, und dem kostenlosen Angebot für einen neuen Wohnungsanstrich und verschiedene Wellnessweekends, Kaffees und dergleichen beendete ich den Versuch Online-Singlebörse. Byebye Daggeli. Warum? Erstens, weil ich nicht auf der Suche bin. Zweitens, weil ich schlicht überfordert war, den Überblick zu behalten. Drittens, weil ich nach wie vor erobert und nicht in einem virtuellen Strom abgefangen werden möchte.

Mein Fazit für Menschen, die „das Wahre“ suchen: Geht hinaus in die Welt und lernt auf die alt hergebrachte Weise jemanden kennen. Für alle, die auf der Jagd nach unverbindlichen Abenteuern sind: Verdammte Scheisse, das Internet ist für euch genau das Richtige!