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2012/01/31

Das Bermudadreieck des guten Geschmacks

Die Hochzeitsmesse. Ich war der Meinung, diese Veranstaltung würde mir reihenweise genötigte Männer zeigen, die verängstigt auf einer Welle von Tüll und Marzipan dahin treiben und ihren starren Blick auf den rettenden Notausgang richten. Weit gefehlt. Ich war überrascht wie weit. Aber dazu später mehr.
Nochmals zum Mitschreiben für alle Gerüchteköche: Ich habe nicht vor zu heiraten. Ich habe mich lediglich für ein Mal ins Getümmel von Heiratswilligen gestürzt, um sie zu beobachten. Allein der Umstand, dass man im heiratsfähigen Alter eine Hochzeitsmesse besucht, macht einem zur Zielscheibe der mehr als dreist agierenden Aussteller. Zwar bereitet man sich angemessen darauf vor, diverse ungewollte Anträge zu bekommen, aber es ist unmöglich das Grauen im Vorfeld in seiner Ganzheit zu erfassen. Für eine erste optische Irritation sorgt der pinke Stretch-Hummer, der frisch poliert am Eingang steht und einem auf subtile Art und Weise dazu animiert, auf dem Absatz Kehrt zu machen. Man schleicht sich vorbei an den Damen, die nach dem geplanten Hochzeitsdatum fragen und schon ergiesst sich eine Flut aus Drucksachen über das kleine unschuldige Herz, das ausnahmsweise vorgibt, jemand anderes zu sein. Braut-Magazine, ganze Bücher mit Adressen, Prospekte, Broschüren. Es wird davon ausgegangen, dass ich etwas will. Man nimmt also an, dass ich auftoupierte Brautmode genauso schätze wie zweitklassige Videoproduktionen, kitschige Fotoalben und verschnörkelte glitzernde Trauringe. Und obwohl ich die aufdringlichen Fragen verneine, wird mir eine Visitenkarte in die freie Hand gedrückt und auf eine grössere Broschüre einen Stand weiter noch eine kleinere obendrauf gepackt. Als ungeahnt schwierig entpuppt sich der Versuch, sich an der Ausstellfläche eines DJ-Konsortiums vorbeizumogeln. Ich werde gebremst und sehe mich im Nu in ein Gespräch verwickelt, in dem ich eigentlich der geschätzte potenzielle Kunde sein sollte und mich als angeschnauztes „Du“ wieder finde. Die Kür der Veranstaltung bestreitet eine Aneinanderreihung von wenig innovativer Hochzeitsgarderobe mit einem eingeschobenen Auftritt von fünf tanzenden Damen im Glitzerfummel. Quasi als Blick durchs Schlüsselloch eines gesitteten Junggesellenabschieds.

Ich hatte mir ursprünglich vorgenommen „männliches Verhalten in Stress-Situationen“ zu beobachten. Leider habe ich kaum welches gefunden. Ich bin davon ausgegangen, dass zukünftige Ehemänner mit psychischer und physischer Gewalt zu derartigen Veranstaltungen bewegt werden. Aber die vor Ort beobachteten Exemplare machten einen relativ entspannten und zufriedenen – wenn auch teilweise gelangweilten - Eindruck. Hochzeitsmessen scheinen auf Männer sogar eine besänftigende und versöhnende Wirkung zu haben. Oder wie erkläre ich mir sonst, dass mein Liebster auf einmal Ringe anprobiert?